Bergführer Hubert Nagl ist im Jahr 2007 erstmals mit einer Gruppe zu einer Alpenüberquerung der Extraklasse aufgebrochen. Seine kreierte Tour „Vom Watzmann zu den Drei Zinnen“ ist mittlerweilen ein echter Wanderklassiker geworden. Nagl hat die Tour schon rund 40 Mal gemacht. „Genau habe ich leider nicht mitgezählt“, lacht der Ramsauer.
Jetzt auch ein Team von „Bergauf-Bergab“ Nagl bei dieser Tour begleitet. Der Beitrag ist am Sonntag, 27. September, um 18.45 Uhr in der beliebten Bergsteigersendung im Bayerischen Fernsehen zu sehen. Es gibt im BR auch noch zwei Wiederholungen der Sendung – und zwar am Montag, 28. September, um 2.45 Uhr und um 6 Uhr. Zudem wird der Beitrag auf 3sat ausgestrahlt – und zwar am Mittwoch, 30. September, um 12.45 Uhr.
Nagl erinnerte sich an seine Beweggründe zurück. „Wenn ich meine Gäste gefragt habe, was sie schon gemacht haben, dann bekam ich immer wieder die Antwort: Oberstdorf – Meran“, erzählt er und glänzt: „das war die Initialzündung für diese Tour. Denn ich dachte mir, so eine Tour müsste auch von Berchtesgaden aus möglich sein“.
„Einige Abschnitte musste ich neu erkunden“
Der Ausgangspunkt für die Alpentraversale war schnell gefunden: Es sollte der Watzmann sein, den hat man auf der ersten Etappe fest im Blick. „Ich dachte mir dann die Etappen aus. Teile kannte ich schon, einige Abschnitte musste ich neu erkunden“. Schließlich kam Nagl auf das Ziel: die Drei Zinnen. Alles in allem findet er noch immer, dass das „eine ideale Kombination“ ist. Auf die Wanderer wartet übrigens noch ein Drittes Highliht auf dieser großartigen Tour: Es geht nämlich auch noch am Großglockner, mit 3798 m der höchste Berg Österreichs, vorbei!
Und auf dieser sechstätigen Wanderung quer über die Alpen war nun eben auch ein Filmteam des BR dabei. Tom Mandl (Kameramann), Merlin Gröbner (Assistent des Kameramanns), Thomas Köhler (Tonaufnahme) und Kathrin Denk (Regie) begleiteten Hubert Nagl Ende Juni / Anfang Juli. Er führte diesmal Agnes und Anna, Mutter und Tochter, zu den Drei Zinnen.
Auf die Gruppe wartete ein klassische Alpenüberquerung: Es ging über die nördlichen Kalkalpen (Steinernes Meer), zum Alpenhauptkamm (Hohe Tauern / Großglockner, Defregger Alpen oder Villgratener Berge) bis zu den südlichen Kalkalpen, also zu den Dolomiten. Dabei mussten sie freilich auch zweimal die Landesgrenze überschreiten – einmal nach Österreich, einmal nach Italien.
Los ging es zunächst mit einer Schifffahrt auf dem Königsee. In St. Bartholomä angekommen ging die Wanderung los – und zwar im Dauerregen. „Der Eisbach fließt kurz nach St. Bartholomä in den Königsee, durch den Starkregen konnte der Bach trotz umgehen nur barfuß überquert werden, das hatte ich bis jetzt nur einmal erlebt, das war natürlich gleich mal filmreif“, lacht Nagl. Die erste Übernachtung war auf dem Kärlingerhaus am Funtensee und auch dort wurde am Abend eifrig gefilmt.
Das Filmteam hatte übrigens einiges an Ausrüstung mit dabei: es musste die Kamera, mehrere Objektive und ein Stativ mitschleppen. Alleine dieses Equipment wog zusammen neun Kilogramm. Auch eine Drohne war im Gepäck dabei.
Am zweiten Tag überquerte die Gruppe das Steinerne Meer. Ziel für diesen Tag war die Tauneralm im Käfertal. Hubert Nagl erinnerte sich zurück: Diese Alm sei ursprünglich gar nicht in seinem Programm gestanden. „Das war ein Zufallsprodukt“, sagte er. In der ursprünglichen Tour sei nämlich die Schwarzenberghütte gewesen. Aber gleich bei seiner ersten Wanderung gab es Starkregen. Beim Zwischenstopp in Maria Alm redete Nagl deshalb mit dem Taxifahrer und fragte, ob es noch eine andere Möglichkeit für eine Übernachtung gäbe. Die Antwort des Taxifahrers kam prompt und lautete eben: „Trauneralm“. Nagl war nach einem Blick in seine Wanderkarte begeistert und plante die Wanderung kurzfristig um.
„Ich vermutete eine kleine Alm, so wie es bei uns üblich ist. Aber wir standen vor einen riesigem, dreistöckigem Haus mit einer alten, aber idyllischen Inneneinrichtung und einem riesigem Speisesaal. Erbaut wurde das Ganze 1890 von Sissys Urgroßvater“, erzählt Nagl. Er unterhielt sich auch längere Zeit mit der Besitzerin Sissy und erfuhr Interessantes über die Alm. „Meine erste Vermutung war ein Haus für einen Säumerübergang“, sagt Nagl und ergänzt: „Erst als ich mit Sissy darüber unterhielt, stellte sich heraus, dass es ein offizieller Zugang für die Großglockner – Besteigung war! Die Bergsteiger kamen mit dem Zug nach Zell am See, fuhren weiter mit dem Bus nach Ferleiten, stiegen auf zur Übernachtung zur Trauneralm, am nächsten Tag ging es dann weiter über die Untere Pfandlscharte zum Glocknerhaus und dann weiter zum Großglockner. Erst mit dem Bau der Großglockner Hochalpenstraße ging dieser Zugang verloren“.
Auch diesmal fühlten sich die Gäste auf der Trauneralm rundherum wohl! Und Sissy stand extra für das Filmteam um 21 Uhr in der Küche, um einen Kaiserschmarrn für die Filmaufnahmen zu machen.
Am Dritten Tag der Tour ging es dann für die Gruppe dann über die Pfandlscharte zum Glocknerhaus. „Für diesen Übergang braucht man keine Gletscherausrüstung, was das Ganze natürlich wesentlich vereinfacht“. Das Wetter an diesem Tag war neblig und windig. „Zum Filmen gab es deshalb eine mystische Stimmung“, sagt Nagl. Tags darauf folgte der Aufstieg über das wunderschöne Leitertal zur Glorer Hütte. „Dort trafen wir den neuen Hüttenwirt, der zufällig ein Fass Bier in die Hütte brachte – das war natürlich wieder filmreif“.
Am fünften Tag fuhr die Gruppe ins Defreggental weiter. Es folgte der Aufstieg über das Villgratener Törl und der Abstieg zur Oberstaller Alm in Innervillgraten. „Die Tour über das Degenhorn konnten wir nicht machen, da die Bergbahnen noch nicht in Betrieb waren“, informierte Nagl. Normalerweise ist dieser Aufstieg ein Highlight der Tour und das Große Degenhorn mit 2946 Meter der höchste Punkt der Woche. „Dort hat man einen großartigen Blick in die Dolomiten und zum Großvenediger“, sagt Nagl.
„Wunderschöner Aufstieg in den Dolomiten“
Am letzten Tag der Tourenwoche gab es zunächst eine Fahrt mit dem Taxi ins Pustertal. Im Innerfeldtal erfolgte der Aufstieg zur Dreischusterhütte und weiter ging es zur Drei Zinnen Hütte. „Das ist ein wunderschöner Aufstieg in den Dolomiten“, schwärmt Nagl. Und es ist ein historischer Ort. „Dort wurde nicht nur Kriegs-, sondern auch Alpingeschichte geschrieben“. Im Ersten Weltkrieg gab es direkt an den Drei Zinnen einen Stellungskampf. 1918 wurde Sepp Innerkofler beim Sturm auf die italienische Stellung am Paternkofel erschossen.
Die Gegend ist auch bei den Alpinisten seit jeher sehr beliebt. 1933 etwa durchstieg Emilio Comice sowie Guiseppee Dimai als Erste die Große Zinne Nordwand. Im Winter 2000 eröffnete Alexander Huber im Alleingang die Top Tour an der Westlichen Zinne , „Bellavista“. Die Route wurde 2001 von Alexander Huber dann auch noch einmal Rotpunkt geklettert (Schwierigkeitsgrad 11)
Die Drei Zinnen sind jedenfalls immer wieder beeindrucken – so wie die Tour „Vom Watzmann zu den Drei Zinnen“. Auch Hubert Nagl ist immer wieder aufs Neue begeistert: „ Die Tour ist eine Alpenüberquerung von Nord nach Süd, die an Einzigartigkeit und Schönheit kaum zu übertreffen ist“.
Bericht Steffi Brenniger